Ein zusätzlicher Faktor der alles ein bisschen stressiger macht ist das Ende. Es ist seit einigen Wochen erstmals greifbar. Zum ersten Mal muss man sich ernsthaft damit auseinandersetzen. Krankenkassenwechsel, Gestaltung des Schlussseminarprogrammes und sogar das Buchen des Zugtickets gen Heimat sind da nur oberflächige Dinge. Was ich vor Allem meine sind Prozesse, Gedankengänge, Entscheidungsfindungen und Arbeitsalltag jeweils auf einer Art Gipfel zu sehen.
Auch in der Schule fühle ich mich wie gehabt wohl. Nein, eigentlich ist es mehr als das. Es fühlt sich wie ein richtiger Beruf an. Man hat seine Aufgabenbereiche, die man mittlerweile beherrscht und seine Verantwortung. Auch sprachlich ist die Schule ein recht„sicherer“ Ort geworden. Ich habe längst angefangen meine Sprachkenntnisse in die in der Schule und die auf der Straße einzuteilen. Denn das ist ein Phänomen. In der Schule kann ich das meiste auf Hebräisch erledigen und selten ist meine insgesamt immernoch beschränkte Sprachkenntnis noch wirklich ein Problem. Werde ich aber auf der Straße angesprochen, so muss ich zugeben einen sehr viel höheren Prozentsatz nicht zu verstehen. Das Schuljahr neigt sich seinem Ende am 31.Juni zu und so muss ich mir jetzt schon, lange vor Arbeitsende (es folgt eine Art Sommerlager in der Schule mit Ausflügen und nicht allen Schülern) selbst und auch in vielen Besprechungen und Konferenzen die Frage stellen, was ich und vor allem wie ich es gemacht habe.
Mir Fragen zu stellen scheint eh einer meiner Lieblingsbeschäftigungen geworden zu sein. In vielerlei Hinsicht merke ich doch jetzt, wie die Entfernung zu meinem gewohnten Umfeld seine Wirkung zeigt. In der Selbstreflektion und Entscheidungsfindung ist man sehr viel losgelöster von alten Schemen, was das Ganze nicht unbedingt leichter macht. So war es doch ein langer Weg zu meiner Studienbewerbung und gerade im Bezug auf sie habe ich dem Jahr sehr viel zu verdanken. Der Kontakt zu Botschaftsmitarbeitern und Treffen mit verschiedenen Politikern und Amtsträgern auf der einen Seite und soziale Arbeit, mit Menschen zu tun zu haben und der teils intensive Kontakt zu ihnen und Leuten, die durch ihren Einsatz viel helfen auf der anderen. Vor dem Jahr hätte ich gerne zu der ersten Seite gezählt, dann wollte ich was dazwischen und mittlerweile habe ich den Wunsch was für die zweite Seite zu tun. Ich habe gemerkt, dass ich vor Ort sein möchte. Direkt der Ansprechpartner zu sein und nicht nur mit Zeitdruck Menschen begegnen zu können. Nicht dass ich von der anderen Seite ein schlechteres Bild habe als zuvor, von zwei Seiten zu sprechen mag da auch vielleicht etwas missverständlich auf Euch wirken, doch glaube ich, dass ich besser im direkten Kontakt mit Menschen aufgehoben bin. Und so wanderte mein Studienwunsch von Jura/Völkerrecht über reine Politikwissenschaft hin zu Politikwissenschaft in einer sinnvollen und anwendbaren Kombination. Ob mit Soziologie, Religionswissenschaft oder einem anderen Fach. Was genau ich damit machen werde weiß ich noch nicht, kann ich auch gar nicht wissen, ja, dass muss ich auch noch gar nicht wissen. Man sollte sich auch nicht zu sehr von Erfolgsaussichten steuern lassen. Das ganze hat mich sehr viel Zeit und Kraft gekostet, bis es dann zum heutigen Tag kam und ich die Bewerbung losschickte. Aber genug davon.
Nun habe ich aber bewusst „regional“ geschrieben um einen anderen Urlaub auszuklammern. Ich werde nämlich Anfang Juli für 18 Tage nach Amerika fliegen. Ein Besuch zweier Mitfreiwilligen brachte uns auf die Idee uns wiederzutreffen. Und so fliege ich mit Berni, der in Frankreich volontiert, nach Camden-New Jersey, wo Alisa ihre Dienste tut. Durch das Netzwerk der Freiwilligen und einen weiteren Bekannten, werde ich in Boston Philadelphia, Camden und New York Sofas beziehen dürfen und hoffentlich viel vom Land kennen lernen.
Auch ein weiterer Besuch hierher steht an, denn Walter und Felix haben sich angekündigt. Die beiden bleiben 10 Tage und werden mich schon überzeugen können wieder an den Niederrhein zu kommen.
Es gibt im Moment einfach so viel, ja zu viel zu berichten, so dass ich gar nicht dazu komme oder keinen Kopf dafür habe.
Ich melde mich aber bald wieder und kann dann auch Bilder vom Jordanienurlaub liefern,
Euer Julius